2.3 Das 3-Säulensystem der Altersvorsorge
Mit der Definition des homo oeconomicus und des Lebenszyklusmodells haben wir den Beweggrund eines rational handelnden Menschens für den Aufbau einer Altersvorsorge bestimmt. Der folgende Abschnitt soll nun einen groben Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten der Altersvorsorge bieten.
In Deutschland ist die Alterssicherung an die Erwerbstätigkeit und folglich auch an das Erwerbseinkommen geknüpft. Wie hoch Beiträge und Leistungen ausfallen messen sich daran. Das gesamte System der Alterssicherung basiert auf dem Drei- Säulen-Konzept. (Tepper, 2003, Seite 41)
Die erste Säule bildet dabei die gesetzliche Rentenversicherung (ges. RV) und wird ergänzt mit der betrieblichen Altersvorsorge (bAV) als zweite Säule. Die dritte Säule findet Ausprägungen in verschiedenen privaten Formen.
Für ein Gros der Bevölkerung bildet die gesetzliche Rentenversicherung die zentrale Säule ihrer Alterssicherung. Sie ist seit 1957 nach dem Umlageverfahren organisiert. Umlageverfahren bedeutet, dass heute gezahlte Beiträge direkt an derzeitige Rentenempfänger ausgezahlt werden. Grundlage dafür ist der Generationenvertrag. (Tepper, 2003, Seite 43)
Die Beiträge werden von den Arbeitnehmern, die damit selbst einen Anspruch auf spätere Rente erwerben und von den Arbeitgebern getragen. Beide zahlen eine Abgabe von 8,35% auf den Bruttolohn in die Rentenkasse. (Normann et. al, 2001)
Aus Abbildung 4 ist zu erkennen, dass sich beispielhaft für das Jahr 2011 189,9 Milliarden Euro an Beitragszahlungen ergeben haben. Diese Summe reicht nicht aus, um den 20,5 Millionen Rentenempfängern ihre Rente zu bezahlen. Der Staat hat daher im Jahr 2001 die Rente schon mit 64,6 Milliarden Euro bezuschusst.
Das bedeutet, dass weitere Steuergelder aufgewendet werden müssen, um die Rentenzahlungen aufrecht zu erhalten. Eine Mehrbelastung für jeden zahlenden Bürger. (Tepper, 2003, Seite 43)
Das Umlageverfahren trägt sich damit schon heute nicht. Grund dafür sind etwaige ökonomische und demographische Prozesse.
Das Verhältnis zwischen Mortalität und Fertilität verschiebt sich zu Ungunsten des deutschen Rentensystems. (Kaufmann und Leisering, 1985, S.128) Einer immer höheren Lebenserwartung steht einer geringeren Fertilitätsrate als in der Vergangenheit gegenüber, was eine sukzessive Abnahme potentieller Beitragszahler zur Folge hat, die immer längere Rentenzahlungen tragen müssen. Bis zum Jahre 2060 lassen sich bis auf Zu- und Abwanderung, die jedoch als marginal angenommen werden können, klare Prognosen treffen. Auf Abbildung 5 ist zu erkennen, das bei gleicher Geburtenrate je Frau von 1,4 Kindern sich die Altersstruktur wesentlich nach oben verschiebt. Der Anteil der 20 bis unter 60 Jährigen, die den Kern der potentiellen Beitragszahler darstellen, sinkt von 55.2% auf 45,1%, während der Anteil der über 60 Jährigen auf fast 40% ansteigt.
Als weiteres Problem der Rentenversicherung gilt der Arbeitsmarkt. Eine versicherte Person erwirkt nur Ansprüche, wenn er sozialversicherungspflichtig beschäftig ist. Langzeitarbeitslosigkeit, spätere Berufseinstiege und häufige Wechsel des Arbeitsplatzes verschärfen die Situation zunehmend. (Gräßler, 2012, S.50 ff.)
Damit steht die gesetzliche Rentenversicherung unter erheblichen Druck und gerade für künftige Generationen wird es stetig wichtiger die Altersvorsorge auf die beiden anderen Säulen auszuweiten.
Die betriebliche Altersvorsorge (baV) stellt die zweite Säule dar und bildet ca. sechs Prozent des Alterseinkommens. Sie ist eine freiwillige Sozialleistung von Unternehmen und an den Arbeitsvertrag geknüpft. Zusätzlich zur Altersversorgung sind ebenso wie bei der Rentenversicherung Leistungen wie Hinterbliebenen- und Invaliditätsversorgung mit innenbegriffen.
Die Ansprüche, die man während der Beschäftigung in einem Unternehmen erwirbt dürfen nicht verfallen, solange eine Mindestzugehörigkeit zur Firma erreicht worden ist. Diese wird heutzutage jedoch immer seltener erreicht, da unter den Arbeitnehmern eine hohe Fluktuation herrscht. (Tepper 2003, Seite 45)
Die bAV ist im Gegensatz zur ges. RV nicht nach dem Umlageverfahren, sondern nach dem Kapital-Deckungsverfahren geregelt. Die Versorgungseinrichtungen der jeweiligen Berufsstände finanzieren sich dabei selbst und erhalten keine staatlichen Zuschüsse. (Keller, 2003, S. 71 f.)
Gründe für das zur Verfügung stellen einer betrieblichen Altersvorsorge aus Sicht der Unternehmen sind vielfältig. Sie binden die Beschäftigten an das Unternehmen, fördern die Identifikation mit dem Betrieb, steigern das Betriebsklima und erwirken im Kampf um qualifizierte Arbeitskräfte einen Wettbewerbsvorteil. (Tepper 2003, S. 47)
Als dritte Säule fungiert die private Altersvorsorge. Sie bietet den größten individuellen Gestaltungsraum in der Altersvorsorge und kann von Sparverträgen über Lebensversicherungen bis hin zu Fondsanteilen alles umfassen.
Die private Altersvorsorge findet ausschließlich kapitalfundiert statt und Individuen sind nicht an Institutionen gebunden, wie es bei den Säulen eins uns zwei der Fall ist. Damit besteht völlige Freiheit in der Auswahl der Instrumente sowie der eingebrachten Mittel. Durch die volkswirtschaftlichen Herausforderungen, die der kollektiven gesetzlichen Rentenversicherung bevorstehen und der damit einhergehenden Rentenkürzungen werden Anforderungen an die Privatwirtschaft gelegt Konzepte für die das Schließen dieser Lücke vorzulegen. Dabei haben traditionell begründet Versicherungen immer noch den höchsten Stellenwert. (Tepper 2003, S.50 f.)
Entscheidungen und Formen der Altersvorsorge erweisen sich dabei als hochgradig komplex und relativ unvorhersehbar. (Normann et. al., 2001)
Altersvorsorge wird damit zunehmen in den Säulen zwei und vor allem drei stattfinden. Der grundlegende Teil ist damit abgeschlossen. Es wurde herausgearbeitet was der rationale Mensch ist, warum er Altersvorsorge betreibt und in welcher Form.
Doch was sind die Grenzen des rationalen Modells?
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